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Pressemitteilung

Ulrich Kelber: „Ich persönlich bin nicht bereit, die elektronische Patientenakte in der jetzigen Form zu nutzen“ 

Zur Fragestunde des Digital-Kompass beantwortete der BfDI Prof. Ulrich Kelber Anliegen älterer Menschen rund um die neue elektronische Patientenakte (ePA). 

Berlin, 15. Februar 2021 – Seit Anfang des Jahres steht die ePA allen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenkassen zur Verfügung. Um damit verbundene Datenschutzfragen älterer Menschen zu beantworten, luden Deutschland sicher im Netz e.V. und die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen den Bundesdatenschutzbeauftragten Prof. Ulrich Kelber zu einer Online-Veranstaltung am 4. Februar ein. Regelmäßige Experten-Fragestunden wie diese gehören zum festen Programm des Digital-Kompass. Das Projekt unterstützt ältere Menschen dabei, die Chancen des Internets zu nutzen. Eine Aufzeichnung der Veranstaltung ist auf Youtube abrufbar.

„Definitiv ist eine ePA, die gut umgesetzt ist, eine wesentliche Verbesserung“ 

Gleich zu Beginn macht Kelber seinen Standpunkt klar: „In der jetzigen Form würde ich persönlich die ePA nicht nutzen“. Und das, obwohl er dem Projekt viel Positives abgewinnen kann: „Eine gut gemachte digitale Lösung ist datenschutzfreundlicher als viele analoge Lösungen“. Auch die zugrundeliegende Infrastruktur der Telematik sei „grundsätzlich den Sicherheitsanforderungen entsprechend ausgestaltet“ und selbst in puncto Datenschutz hätten bei der Planung viele seiner Anforderungen Berücksichtigung gefunden. 

Kritikpunkte aus Sicht des Datenschutzes 

Dass der oberste deutsche Datenschützer die ePA in ihrer aktuellen Form dennoch ablehnt, begründet er mit Schwachstellen: Erst ab 2022 wird es möglich sein, den Zugang für Arztpraxen oder Pflegeeinrichtungen zu einzelnen Dokumenten „feingranular“ einzustellen. Aktuell kann man einem Arzt oder einer Ärztin nur entweder alle Dokumente freigeben oder gar nichts. Außerdem ist die Nutzung für Patient:innen bisher nur mit geeigneten Smartphones oder Tablets möglich. Kelber findet es „wirklich schade, dass den Patienten ohne entsprechende Endgeräte diese Möglichkeit genommen wurde“. 

Datenschutz oft nur eine Ausrede für andere Probleme 

Der BfDI kritisiert, der Datenschutz müsse oft pauschal als Sündenbock für politisches und administratives Versagen herhalten – nicht nur bei der ePA: „Der Datenschutz ist ja angeblich an allem schuld: Spät kommende Patientenakte – Unsinn. Unzureichende Corona-Bekämpfung – Unsinn“. Gute Lösungen seien auch unter Wahrung des Datenschutzes möglich. Man müsse sie nur schlau gestalten. Folgerichtig definiert er die Mission seiner Behörde: „Wir sind die Behörde zur Einforderung von intelligenten digitalen Lösungen“. 

Kelber plant Weisung an Krankenkassen 

Kelber ist „fest entschlossen“, die 65 Kassen in seinem Zuständigkeitsbereich per Aufsichtsanordnung zu verpflichten, die genannten Schwachstellen der ePA zu beheben. Das Dilemma der Krankenkassen: Die feingranulare Freigabe von Dokumenten ist auf der aktuellen Telematik-Infrastruktur aber rein technisch gar nicht möglich. Trotzdem sind sie seit Januar gesetzlich zur Bereitstellung der ePA verpflichtet. Und noch etwas mindert mutmaßlich ihre Motivation, die Forderungen des Bundesdatenschutzbeauftragten umzusetzen: Er hat bisher keine ausdrückliche Befugnis, Bußgelder gegen sie zu verhängen. Also appelliert er an den Bundestag, dies durch eine Änderung im Bundesdatenschutzgesetz in Zukunft klarzustellen. 

Digital-Kompass plant weitere Experten-Gespräche 

Das laufende Quartal steht beim Digital-Kompass unter dem Motto „Das digitale Rathaus – die Behörde für zu Hause“. Noch bis Ende März werden Online-Veranstaltungen mit wechselnden Expert:innen dieses Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten. Denn gerade für ältere Menschen sind digitale Bürgerdienste besonders wichtig – auch über die aktuelle Corona-Pandemie hinaus.

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